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Donnerstag 11. Juli Tag 45:

Sarria - Morgade 11.90 km

Gestern gab es nicht einmal ein Bier sin Alkohol, da der Getränke-Automat nicht mit Bier bestückt war! Da ich aber inzwischen auf einen, oder mehrere Schlummer-Becher programmiert bin, zeigten sich bereits Entzugs-Erscheinungen und ich schlief, trotz 3 gewonnen Schieber, sehr schlecht! So kam es, dass ich den Start vorverlegte und schon um 06:45 Uhr auf dem Jakobs-Weg anzutreffen war. Wie es gestern aufgehört hatte, so nahm es heute seinen Fortgang!

          

          

Unverhofft tauchte dann, in einem steilen Hang einer weiteren Hohle-Gasse, links ein Tisch auf, an dem man offensichtlich, selber einen Stempel in seinen Pilgerpass drücken konnte, was ich, wie die meisten Pilger, denn auch tat.

              

Erst jetzt sah ich den zum Tisch gehörenden Mann, der etwas weiter hinten in Deckung sass und mit Argusaugen zusah, ob dafür auch ein kleiner Obelus, in die bereitgestellte Karton-Schachtel-Kasse eingeworfen wurde, was ich selbstverständlich dann auch machte. Die Investition in den Stempel, war der geschickte Schachzug, eines gewitzten kleinen Geschäftsmannes. Aber das ist noch nicht alles. Der Platz war gut ausgesucht, denn da stand ein besonders schönes Exemplar eines alten, verkrüppelten Baumes, welche es mir irgendwie angetan haben. Es war naheliegend, dass ich  den Baumstamm in meiner Kamera mitnehmen wollte, kaum hatte ich den Auslöser berührt, stand besagter Mann neben mir und deutete an, dass ich unbedingt auch auf dem Foto sein müsste, schon hatte er mein Handy in der Hand und drückte ab, dafür bekam er von mir, den erhofften €uro! Gelingt ihm das den Tag durch öfter, so ergibt sich, mit dem Stempel-Tisch zusammen und den angebotenen Snacks und Früchten, ein ansehnlicher, überdurchschnittli-cher Tagesverdienst, für hier im Niedriglohn-Land Spanien!

               

Dann beim Kilometer-Stein 108.741, schloss ich zu diesem, wie mir schien, in biblischem   Alter stehenden, Pilger auf..............

   

....... nach einem freundlichen ,, Buen Camino ", musste ich ihn einfach nach seinem Alter fragen. Zu meiner grossen Überraschung, sprach der alte Mann, sehr gut Englisch,  jeden- falls viel besser als ich. Er bestätigte meine Vermutung, mit der Altersangabe, von sage und schreibe 87 Jahren!! Es ergab sich ein längeres hochinteressantes Gespräch und ich kam zum Staunen nicht mehr heraus. Er mache den Camino schon seit 30 Jahren und sei dieses Mal, in Pamplona gestartet, zum ersten Mal nicht alleine, denn seine Tochter laufe weiter vorne mit, sie sei zum ersten Mal auf dem Camino und habe keine Erfahrung, deshalb laufe er mit Abstand zu ihr, denn, sollte etwas passieren, so könnte er ihr dann helfend zur Seite stehen!!! Ich dachte, mich schlägt ein Pferd! Auf meine Frage, wie alt denn seine Tochter sei, meinte er, ich weiss es nicht mehr ganz sicher, aber vermutlich so um die 36 Jahre. Da Kopfrechnen in der Schule, eines meiner Lieblingsfächer war, fragte ich mich, ob er mit 51 Jahren, noch ein Kind zeugen konnte, das sicher, aber dazu brauchte er doch eine jüngere Partnerin, ich verschonte ihn mit dieser Frage, da ich es als unanständig empfunden hätte. Er sei Spanier und von Barcelona, (ich stellte später dann auf Wikipedia fest) er ist Kunstmaler und Professor der Philosophie, aber das ist noch nicht alles, wie ich von seiner Tochter dann später erfuhr. Ich ging dann etwas schneller und sah bald dar -auf, abseits des Jakobs-Weges, eine Frau auf einem grossen Stein sitzen, es konnte eigentlich nur die Tochter sein, die auf ihren Vater wartete. Ich ging zu ihr hin und sagte treffsicher, ihr Vater ist im Anmarsch und er ist flott unterwegs! Sie lachte beruhigt und wir unterhielten uns gemütlich, sie sagte mir, dass sie 43 Jahre alt sei, auf meine Frage, wie denn der Name ihres Vaters sei, meinte sie, Joan Bueno, (auf Deutsch nach Google, Johann Gut) er sei Kunstmaler und auch bei Facebook dabei!

Auf Google joan bueno eingeben und dann https://joan.artelista.com anklicken, sehr interessanter Mensch.

Sie haben in der Herberge ,,Casa Morgade" ein Zimmer gebucht, sagte die Tochter mir und genau dorthin hat mich auch Irene gelotst, ich habe die Beiden hier schon gesehen, aber sie waren beim Essen und ich wollte nicht stören, ich sagte nur, ,,see you later"! Vielleicht, so hoffe ich, sehe ich sie beim Nachtessen, dann möchte ich gerne auch noch ein Foto von ihnen Beiden machen! 

Etwas später näherte ich mich langsam einem weiteren Pilger, der im Kriechgang unterwegs war. Auf gleicher Höhe sagte ich zu ihm, weil gehts, es geht, aber halt nicht mehr so schnell, war seine Antwort, in astreinem Deutsch!

 

         


   

 

         

Auch er war ein erfahrener Jakobs-Weg-Pilger und leidenschaftlicher Wanderer. Er hat sämtliche Jakobs-Wege schon, z. T. mehrfach erwandert und war in ganz Europa unterwegs, so lief er z. B. schon 2 mal von der Deutschen-Rhein-Ebene, wo er zu Hause ist, nach Rom und wieder zurück! Aber auch auf der Swiss-Alpine kennt er sich bestens aus und ich schämte mich richtig, kennt er doch die Schweiz viel besser wie ich, obwohl ich in Geographie immer eine bis-Sechs hatte. Wir liefen ein Stück zusammen und plötzlich vernahm ich komische Töne und vermutete bereits eine irreparablen Defekt an einem meiner Hörgeräte, als dieser Dudelsack-Spieler aus Edinburgh auftauchte.


             


Schon manchmal, nicht immer, aber immer öfter, standen solch komische, schmale kleine Häuschen, meistens bei landwirtschaftlichen Gehöften, immer auf einer Stein-Plattform aufgebaut, in der Gegend. Mein deutscher Wandersmann klärte mich dahingehend auf, dass das Vorrats- Speicher waren und, dass die überragende Steinplatte, die Mäuse vom Hochklettern, erfolgreich abhielt.


         

Auf der Speise-Karte der Herberge Casa Morgade, wo ich nun auf das Nachtessen warte, steht aber nicht die gleiche Entfernung, wie auf dem Stein vor der Tür. Das Nachtessen war für 11.-- €uro , wie immer inkl. Wein, war sehr preiswert und sehr fein!

           

Habe die Professoren-Tochter doch noch angetroffen, sie hatte gegen ein Foto nichts einzuwenden, im Gegenteil, denn sie fasste es quasi, als Kompliment auf! Der Deutsche Wandersmann ist übrigens, 1 Jahr jünger, wie ich!

          

 

Freitag 12. Tag 46:

Morgade - Portomarin 10.15 km

Das war eine erlebnisreiche Etappe, auch weil bei der Ankunft nicht alles so klappte, wie ich mir das gewünscht habe. Um 07:30 Uhr fiel der Startschuss, mit einem Bisschen Wehmut dachte ich an Joan Bueno und seine hübsche Tochter, die werde ich leider, vermutlich nie mehr sehen, dachte ich mir. In meinem jugendlichen Leichtsinn, nahm ich an, dass der alte Professore nicht so früh starten würde und lief in den nebligen, frischen Morgen hinaus. Die heutige Etappe war relativ kurz und so schlenderte ich mehr, als ich ging. Der, mit einer gewissen Sehnsucht erwartete 100 km Stein tauchte dann, erwartungsgemäss schon bald auf, wie das Foto von mir, von einem Englischen Pilger geschossen, belegt. 

               

Nun wechselten die Hohlen-Gassen mit offenem Gelände ab und auch die Sonne lachte mir, durch den fliehenden Nebel, freundlich entgegen.

         

Was dann passierte, erfreute mein Herz und ein Adrenalin-Schub fuhr, wie ein Geschoss, in mich! Durch den dichten Nebel, nahm ich ganz schemenhaft, eine, mit Hut und Pilger-Stab laufende Gestalt war. Beim nächsten Bushaltestelle-Häuschen, sass dann Joan Bueno der Professore, auf dem Bänklein und begrüsste mich, mit einem frisch, fröhlichen 

                                                                           ,, Buen Camino "!

            

Wir hatten den gleichen Weg und das gleiche Ziel und so liefen wir ein ganzes Stück zusammen.

                   

Nach etwa einem Kilometer erschien am linken Wegesrand ein Haus, bei dem offensichtlich, die Fliegende-Hexe, einen Landung-Versuch wagte! 

        

   

Als ich dann in den Souvenir-Laden eintrat, war die Tochter vom Joan schwer am Shoppen, als sie mich erblickte, fragte sie, wo ist mein Vater? (natürlich auf Englisch) wie viele Kilometer? Im gleichen Moment erschien Joan beim Eingang und ich sagte, hier ist er. Nach dem Shopping, lief die Tochter wieder voraus (das Foto täuscht, es sieht so aus, als ob die Tochter ein Nummernschild, wie bei einem Umzug tragen würde, aber sie hatte nur den Wanderstock, im falschen Moment, an der falschen Stelle.)

        

Sie lief dann flott voraus, während ihr Vater Joan und ich ihr mit Abstand folgten! Der Profesore hatte aber, trotz seines hohen Alters ein gutes Tempo drauf und ich musste mich bemühen, um mit ihm Schritt halten zu können.

         

Dann kurz vor Portomarin, kam dieses Katastrophen-Bachbett, eine richtige Zumutung!

          

 

     

 

           

Bei der langen Brücke die man vor Portomarin überqueren muss, trennten sich unsere Wege, da sich meine Herberge, etwas abseits des Jakobs-Weges befand.

Lustiger Zufall, Joan Bueno hat am 08. November Geburtstag, wie ich auch!  1932 / 1945

              

              

         

          

Hier geht es hoch zur Altstadt und der Weg-Stein zeigt die Restlichen-Kilometer, bis Santiago de Compostela an, die noch  zugehen sind!

 

Samstag 13. Juli Tag 47:

Portomarin - Ventas de Naron 12.88 km

Hatte ein wenig verschlafen und begann um 08.00 Uhr mit Laufen. da sich die Herberge am Dorfende, in entgegengesetzter Richtung befand, musste ich ca. einen Kilometer zurück gehen, um wider beim Jakobs-Weg einfädeln zu können, das gelang mir ganz gut. Erst war das Gehen ziemlich monoton und führte entlang der Asphaltierten-Hauptstrasse, welche dann aber wider zu den bestens dokumentierten Hohlen-Gassen führte!

          

          

Diese Bäume sahen sehr wuchtig aus, weil sie mit Efeu eingepackt wurden, wie es scheint!

 

Dieses furchtbar prächtige Exemplar, eines alten, knorrigen und morschen Baumes, musste ich einfach in meine Kamera einspeisen!

Wie schon öfter auf diesem langen Weg, nahm mein empfindliches Riechorgan einen üblen Geruch auf der mir unmissverständlich ankündigte, da kommt eine (mehrfach 2-stöckige) Schweine-Fabrik daher gesunken und so war es dann auch!

               

Zwischendurch standen auch mal wieder, ein alter und ein neuer Kilometer-Stein am Wege.

           

Kurz vor Ende der Tagesetappe, auf der unendlichen Geraden, vor Ventas de Naron, gab es, aus heiterem, sonnigem Himmel, vereinzelte grosse Regentropfen und ich setzte zum Endspurt an, denn ich wollte den Regenschutz, so kurz vor dem Etappen-Ziel nicht noch auslochen, denn da wird man von Innen, vom Schweiss etwa gleichnass, wie aussen vom Regen.

           

Das Pilger-Menü am Mittag, meine Erste -und Letzte-Mahlzeit heute, war für 10.-- €uro, sicher preiswert, da ich für das Geld auch noch 1 grosses Bier (1/2 lt.) und ein Glas Wein bekam, unglaublich!

 

Am Mittag entkam ich dem Regen, dank meinen rekordverdächtigen Endspurt, aber am Abend gabs ein Donnerwetter, begleitet von Regen und unzähligen Blitzen, der mehr waagrecht, als senkrecht auf die Pilger nieder peitschte, die verspätet noch auf dem Weg waren! Ich jedoch sass ,,am Schärme" beim zweiten, gut gestopften Gin-Tonic!

 

 

 

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